I.
Durch Art. 22 IV des Einigungsvertrages sind die brandenburgischen Gemeinden kraft Gesetzes am 3.10.1990 Eigentümer fast sämtlicher bis dahin volkseigener zu Wohnzwecken genutzter Grundstücke geworden, soweit sie in ihrem Territorium liegen. Damit sind die Gemeinden insbesondere auch Eigentümer derjenigen Grundstücke geworden, die bis zum 3.Oktober 1990 volkseigen waren und auf denen sich ein Ein- oder Zweifamilienhaus befindet. Um die Nachteile auszugleichen, denen DDR-Bürger bis zur Wiedervereinigung gegenüber ihren in Westdeutschland lebenden Landsleuten ausgesetzt waren, hat der Gesetzgeber seit Beginn der Umstellung von der Plan- auf die Marktwirtschaft im Januar 1990 eine Reihe wichtiger Gesetze geschaffen, die von den Gemeinden umgesetzt werden müssen.
Den ersten wichtigen Schritt zum Schutze der Nutzer von Eigenheimen auf ehemals volkseigenen Grundstücken unternahm die Regierung Modrow, indem sie im März 1990 das Gesetz über den Verkauf volkseigener Eigenheime schuf (Gesetzblatt/DDR I, 1990, S.157; sogenanntes „Modrow-Gesetz“). Nach der bis dahin geltenden Rechtslage durften volkseigene Grundstücke nicht an private Eigenheimer zum Zwecke der Vermögensbildung verkauft werden, um einem Ausverkauf des Volkseigentums vorzubeugen. Vielmehr gestattete es das sozialistische Bodenrecht lediglich, daß der Rechtsträger des volkseigenen Grundstücks dem privaten Nutzer zum Zwecke der Errichtung oder des Erwerbs des bereits vorhandenen Ein- oder Zweifamilienhauses ein speziell für diesen Zweck geschaffenes Nutzungsrecht an dem volkseigenen Grundstück verlieh, über welches dem Eigenheimnutzer eine entsprechende Nutzungsrechtsurkunde auszustellen war (siehe §287 ZGB). Das Nutzungsrecht konnte, mußte aber nicht im Grundbuch des Grundstücks eingetragen werden. Es verschaffte seinem Inhaber das Gebäudeeigentum an dem Eigenheim unabhängig von dem Eigentum an Grund und Boden, das weiterhin volkseigen blieb. Das Nutzungsrecht und das Eigentum an dem Eigenheim waren miteinander rechtlich untrennbar verbunden (§289 ZGB). Nutzungsrecht und Gebäudeeigentum waren veräußerlich und vererbbar.
Mit dem Verkaufsgesetz vom 7.3.90 erhielten nun die Gemeindeverwaltungen „entsprechend dem damals noch gültigen Prinzip des demokratischen Zentralismus“ quasi von der Volkskammer den Auftrag, die betroffenen volkseigenen Eigenheimgrundstücke an ihre dort legal wohnenden Besitzer zu verkaufen. Dies betraf nicht nur die Inhaber der beschriebenen Nutzungsrechte sondern auch Mieter und Pächter, soweit sie einen Erwerb des Grundstücks wünschten.
Tatsächlich ist aber nur ein Teil der betroffenen Eigenheimgrundstücke von den Gemeindeverwaltungen nach dem Verkaufsgesetz an die Eigenheimer verkauft worden. Dies lag an der Tatsache, daß das Verkaufsgesetz am 3.10.90 außer Kraft getreten ist und darin, daß die Gemeindeverwaltungen infolge der herannahenden Wiedervereinigung immer mehr unter den Druck der Interessenvertreter der Alteigentümer gerieten. Von diesen wurde das Verkaufsgesetz als „Modrow-Gesetz“ diffamiert und als Mittel zu einer ungerechtfertigten Bevorzugung der Eigenheimer gebrandmarkt. Deswegen trauten sich viele Bürgermeister einfach nicht mehr, die vom Gesetzgeber gewünschte Veräußerung der betroffenen Grundstücke an die Eigenheimer mit der notwendigen Konsequenz zu betreiben. Durch das Inkrafttreten der Anmeldeverordnung am 16.Juli 1990 (Gesetzblatt/DDR I S. 718) wurde das Verfahren über die Erteilung der Grundstücksverkehrsgenehmigung nach der Grundstücksverkehrsverordnung dann automatisch ausgesetzt, wenn ein vermögensrechtlicher Anspruch auf Rückerstattung des Grundstücks beim zuständigen Landkreis erhoben wurde. Zusätzliche Probleme bei der Umsetzung des Verkaufsgesetzes entstanden in größeren Gemeinden dadurch, daß für die Vorbereitung des Verkaufs die VEB-Kommunale Wohnungswirtschaft (KWV) zuständig waren, die den Gemeindeverwaltungen unterstellt waren. Erfahrungsgemäß hatten schon zu DDR-Zeiten die VEB-Kommunale Wohnungsverwaltung Schwierigkeiten, die bestehenden Gesetze umzusetzen.
Soweit die zu DDR-Zeiten abgeschlossenen Grundstückskaufverträge mit Eigenheimern nach dem Verkaufsgesetz nicht infolge einer bestandskräftigen Rückübertragung des betroffenen Grundstücks an den Alteigentümer endgültig unwirksam geworden sind, bleiben die märkischen Gemeinden bis heute an den Grundstückskaufvertrag gebunden. Bis zur endgültigen Versagung der Grundstücksverkehrsgenehmigung infolge der Rückübertragung des Grundstücks sind die Gemeindern gemäß §297 ZGB in Verbindung mit Art. 232 §1 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche verpflichtet, bis zur endgültigen Entscheidung über die Rückübertragung alles zu tun, um die Eintragung des Käufers als Eigentümer im Grundbuch zu bewirken und alles zu unterlassen, was diesem Zweck entgegenstehen könnte.
Das Innenministerium des Landes Brandenburg versuchte zunächst, die Gemeinden zu drängen, sich dieser Verpflichtung zu entziehen und auf den Käufer dahingehend Druck auszuüben, sich über einen neuen Kaufpreis für das Grundstück nach Maßgabe der inzwischen eingetretenen Grundstückspreiserhöhungen zu einigen. Das Innenministerium berief sich hierbei auf den heute geltenden Grundsatz, wonach die Gemeinden verpflichtet sind, ihr Eigentum nur zum Verkehrswert zu veräußern, übersah jedoch dabei, daß der Einigungsvertrag klargestellt hatte, daß für die Grundstückskaufverträge nach dem Verkaufsgesetz weiterhin die Rechtslage zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages nach DDR-Recht maßgeblich bleiben sollte und daß damit die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses staatlich festgesetzten Bodenpreise weiterhin ihre Gültigkeit für diese Verträge behielten. Das Innenministerium mußte dem beschriebenen Versuch, die Verträge nach den Verkaufsgesetz zu torpedieren, aufgeben, nach den das Oberlandesgericht Naumburg im Jahre 1993 festgestellt hatte, daß diese Praxis illegal war.
Den letzten Versuch, die Wirksamkeit der Eigenheimverträge nach dem Verkaufsgesetz nachträglich zunichte zu machen, hat der Bundesgerichtshof mit einer Entscheidung aus dem Jahre 1998 unternommen. Einem Kläger war es hier gelungen, den BGH davon zu überzeugen, daß die Verträge auch nach dem 17.5.90 fälschlicherweise alle noch unter dem Namen der örtlichen Volksvertretung (Rat der Gemeinde) abgeschlossen waren, durch das Inkrafttreten des Kommunalverfassungsgesetzes der DDR aber diese örtlichen Volksvertretungen untergegangen und nunmehr wieder rechtlich selbständige Gemeinden durch das Kommunalverfassungsgesetz entstanden waren, die seither wieder unter ihrem Gemeindenamen im Rechtsverkehr handeln. Der BGH schlußfolgerte hieraus messerscharf, daß damit die Verträge mit einem nicht mehr existierenden Vertragspartner abgeschlossen worden seien und die Gemeinde heute deshalb nicht binden würde.
In der Konsequenz hätte die Beachtung dieses Urteils das „Aus“ für alle zwischen dem 17.5. und dem 3.10.90 nach dem Verkaufsgesetz abgeschlossenen Eigenheimverträge bedeutet, weshalb der Bundestag durch ein besonderes Gesetz aus dem Jahre 1999 ausdrücklich bestimmt hat, daß die im Namen der früheren örtlichen Volksvertretungen der DDR abgeschlossenen Grundstückskaufverträge als Verträge der neuentstandenen Gemeinden zu gelten haben (§8 II, Art. 231 Einf.G zum BGB). Indirekt hat damit der Bundestag die Legitimität und Legalität der nach dem Verkaufsgesetz geschlossenen Verträge bekräftigt. Die Gemeinden müssen also im Prinzip auch im Rahmen der zum Teil noch nicht beendeten Rückübertragungsverfahren die Käufer solcher Grundstücke dabei unterstützen, daß der Käufer zu seinem Recht kommt, weil sie weiter an diese Verträge gebunden sind.
II.
Eine Pflicht der Gemeinde, ein Eigenheim an dessen Bewohner zu verkaufen, begründet in vielen Fällen auch das Sachenrechtsbereinigungsgesetz vom 21.9.1994, in Kraft getreten am 1.10.94 (Bundesgesetzblatt I S.2457). Voraussetzung ist natürlich, das die Gemeinde heute Eigentümerin des Grundstücks ist. Das ist nicht nur dann der Fall, wenn sie ausdrücklich als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen ist, weil bereits ein entsprechender Zuordnungsbescheid der Oberfinanzdirektion Cottbus vorliegt, welcher das Eigentumsrecht der Kommune bestätigt hat, vielmehr ist die Gemeinde auch dann Eigentümerin, wenn noch kein entsprechender Bescheid der Oberfinanzdirektion Cottbus vorliegt, die Voraussetzungen für den Eigentumsübergang aber am 3.10.1990 nach Art. 22 IV Einigungsvertrag aber vorgelegen haben. Für die heutige Eigentümerstellung der Gemeinde maßgeblich ist danach allein, daß es sich um ein vor dem 3.10.90 volkseigenes Grundstück, das Wohnzwecken diente, gehandelt hat. Meistens ist das wichtigste Indiz für das Vorliegen dieser Voraussetzungen die Tatsache, daß sich aus den Grundbuchunterlagen oder den ehemaligen Rechtsträgernachweisen entnehmen läßt, daß Rechtsträger der Rat der Gemeinde oder der VEB-kommunale Wohungswirtschaft war.
Die Pflicht, das Grundstück an den Bewohner des Eigenheims zu veräußern, ergibt sich immer dann, wenn feststeht, daß dieser das Eigenheim in Kenntnis staatlicher Stellen der DDR errichtet oder von Grund auf saniert hat (Vgl. §5 Sachenrechtsbereinigungsgesetz). Die gleiche Pflicht der Gemeinde zum Verkauf des Grundstücks besteht aber auch gegenüber Mietern eines ehemals volkseigenen Ein- und Zweifamilienhauses, dann und nur dann, wenn diese vor dem 18.10.89 bereits Mieter waren und dieses Eigenheim auch am 1.10.94 noch zu eigenen Wohnzwecken nutzten, wenn sie bis zum 14.7.90 einen Grundstücks- oder Gebäudekaufvertrag nach dem Verkaufsgesetz der DDR abgeschlossen haben und das Grundstück nach der Wiedervereinigung an den Alteigentümer zurückübertragen worden ist, so daß der Vertrag nach dem Verkaufsgesetz infolge der Versagung der Grundstücksverkehrsgenehmigung nichtig geworden ist (§121 I 3 SachRBG). Das Sachenrechtsbereinigungsgesetz soll des weiteren diejenigen Bewohner von DDR-Eigenheimen schützen, die das Pech hatten, nicht in den Genuß eines Grundstückskaufvertrages nach dem Verkaufsgesetz vom 7.3.90 gekommen zu sein.
Damit hat der Bundestag ein weiteres Gesetz verabschiedet, das ebenfalls dem vom Verkaufsgesetz der DDR verfolgten Zweck dient, die Benachteiligung von DDR-Eigenheimern im Verhältnis zu ihren westdeutschen Landsleuten nachträglich auszugleichen. Die vom Sachenrechtsbereinigungsgesetz begünstigte Gruppe der Eigenheimer kann statt eines Ankaufs des Grundstücks zum halben Verkehrswert auch den Abschluß eines Erbbaurechtsvertrages mit der Gemeinde über das Grundstück zu Konditionen wählen, nach denen ihm die Hälfte der üblichen Erbbauzinsen erlassen wird. Wesentlicher Bestandteil des Erbbaurechts ist das vom Grundeigentum getrennte Sondereigentum an dem Wohngebäude (§12 Erb bauVO). Durch den Abschluß des Erbbaurechtsvertrages geht das Eigentum an dem Gebäude zusammen mit der Entstehung des Erbbaurechts an dem Grundstück auf den Bewohner des Eigenheims über. Das Eigentum an dem Grundstück verbleibt bei der Gemeinde. Der nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz begünstigte Erbbauberechtigte muß nach einer „Eingangsphase“ höchstens einen jährlichen Erbbauzins in Höhe von 2% des bereinigten Bodenwertes an die Gemeinde zahlen, wobei er sogar in den ersten Jahren nur einen Bruchteil dieses Erbbauzinses zu zahlen hat („Eingangsphase“ §51 I SachRBG). Die soeben beschriebenen Rechte zu verbilligtem Ankauf bzw. zu verbilligter Bestellung eines Erbbaurechts gegenüber der Gemeinde haben aber auch andere Nutzer eines gemeindeeigenen Grundstückes, und zwar in folgenden Fällen: Erstens haben diesen Anspruch alle diejenigen, denen ein Nutzungsrecht, verbrieft in der entsprechenden Nutzungsrechtsurkunde, zu DDR-Zeiten für das Grundstück verliehen worden ist, unabhängig davon, ob sie ein Eigenheim gebaut haben oder nicht. Zweitens haben diesen Anspruch alle Gewerbetreibenden, die bereits zu DDR-Zeiten ein volkseigenes Grundstück vom Rat der Gemeinde oder einem ihrer unterstellten volkseigenen Betriebe gemietet oder gepachtet haben und dort entweder ihr Gewerbegebäude neu errichtet oder ein vorhandenes Gebäude zu den mit ihrem Gewerbe zusammenhängenden Zwecken vollständig saniert haben (§7 II 6 SachRBG).
III.
Durch §4 II des Investitionsvorrangsgesetzes vom 14.7.1992 hat der Bundestag den Landkreisen und kreisfreien Städten die Durchführung der sogenannten Investitionsvorrangverfahren als Pflichtaufgabe bei der Bewältigung der eigenen Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft des Kreises bzw. der kreisfreien Stadt auferlegt (sogenannte pflichtige Selbstverwaltungsaufgabe). Investitionsvorrangverfahren sind förmliche Verwaltungsverfahren, an deren Ende bei Vorliegen aller gesetzlichen Voraussetzungen der Kreis bzw. die kreisfreie Stadt dem Grundstückseigentümer einen sogenannten Investitionsvorrangbescheid erteilen muß. Der Investitionsvorrangbescheid hat die Wirkung einer Grundstücksverkehrsgenehmigung, deren Vorliegen auf dem Gebiet der neuen Bundesländer bis zum heutigen Tage zwingende Voraussetzung für die Wirksamkeit einer Übertragung des Eigentums an einem Grundstück ist. Mit der Übernahme der Grundstücksverkehrverordnung der DDR in das Recht der Bundesrepublik und dem damit verbundenen Genehmigungserfordernis einer Grundstücksveräußerung hat sich der bundesdeutsche Gesetzgeber eines Instrumentariums bedient, das vom DDR-Gesetzgeber in den Anfangsjahren der Republik eingeführt worden war, um den Grundstücksverkehr staatlich zu leiten und zu kontrollieren (so zuletzt §2 Grundstücksverkehrsverordnung der DDR vom 15.12.1977). Dagegen dient heute die Grundstücksverkehrsgenehmigung nur noch einem einzigen Zweck: sie soll verhindern, daß ein Grundstück, für das ein berechtigter Rückübertragungsantrag vorliegt, vor Beendigung des Rückübertragungsverfahrens „verschoben“ wird (sogenannte „Verfügungssperre“). Normalerweise kann deshalb ein mit Restitutionsansprüchen „anmeldebelastetes“ Grundstück in den neuen Bundesländern nur dann wirksam veräußert und eine Grundstücksverkehrsgenehmigung erteilt werden, wenn gleichzeitig ein anhängiges Restitutionsverfahren beim Vermögensamt endgültig erledigt ist. Da es bis heute noch tausende von Fällen gibt, in denen über einen wirksam angemeldeten Restitutionsanspruch von den zuständigen Vermögensämtern noch nicht endgültig entschieden worden ist bzw. bei denen die Verwaltungsgerichte noch zu entscheiden haben, wäre fast der gesamte Grundstücksmarkt auf dem Gebiet der Neuen Bundesländer lahmgelegt worden. Das Verfahren nach dem Investitionsvorranggesetz bzw. der darin zu erlassende Investitionsvorrangbescheid sollen die Voraussetzungen dafür schaffen, zum Zwecke der Schaffung von Arbeitsplätzen, der Sanierung von Wohnungen bzw. ganzen Gebäuden und der Schaffung von Wohnraum einGrundstück verkaufen oder belasten zu können, bei dem die Voraussetzungen für die Erteilung einer Grundstücksverkehrsgenehmigung deshalb nicht möglich ist, weil über einen wirksam angemeldeten vermögensrechtlichen Anspruch noch nicht abschließend entschieden worden ist. Investitionsvorrangverfahren sind also dem Grundsatz nach nur möglich, wenn der Verkauf oder eine sonstige wichtige Verfügung über ein anmeldebelastetes Grundstück (Vermietung, Belastung mit einem Recht) damit erstrebt bzw. bezweckt werden. Der Investitionsvorrangbescheid bewirkt neben der sachenrechtlichen Wirksamkeit des in Frage kommenden Grundstückskaufvertrages (und sonstiger verfügender Rechtsgeschäfte), daß der durch den entsprechende Vertrag Begünstigte das Grundstück auch dann behalten kann, wenn sich am Ende des Restitutionsverfahrens herausstellt, daß der betroffene Alteigentümer nach dem Vermögensgesetz einen Rückübertragungsanspruch hat und das Grundstück deshalb an ihn zurückübertragen wäre. Anstelle dessen kann der Alteigentümer jetzt nur noch die Herausgabe des Kaufpreises von dem Verkäufer des Grundstücks verlangen (§§ 11 und 16 Inv.Vor.G). In den meisten Fällen gehören die betroffenen ehemals volkseigenen und noch nicht zurückübertragenen Grundstücke heute den Gemeinden oder einem ehemaligen Treuhand-Betrieb, so daß nur diese im Verfahren antragsbefugt sind.
Nach der bis zum Jahre 1997 geltenden Fassung des Investitionsvorranggesetzes durfte bei Eigenheimgrundstücken das Investitionsvorrangverfahren nur auf Antrag des Rechtsnachfolgers des Volkseigentums an dem Grundstück, also meistens der Gemeinde, eingeleitet werden, wenn diese gegenüber dem für die Durchführung des Verfahrens zuständigen Landkreis glaubhaft machen konnte, daß der Verkauf des Grundstücks, zum Beispiel an dessen Nutzer, der Schaffung oder Erhaltung von Arbeitsplätzen oder von Wohnraum diente und hierzu benötigt wurde. Die Schaffung bzw. Modernisierung von Ein- und Zweifamilienhäuser fiel nur dann unter den Gesetzeszweck, wenn eine ganze Eigenheimsiedlung errichtet werden sollte (§3 I Ziff. 2 Inv.Vor.G.). Verfahren nach dieser alten Fassung des Investitionsvorranggesetzes können nur noch bis Ende dieses Jahres (2000) eingeleitet werden. Seit 1997 können Investitionsvorrangverfahren jedoch ohne diese zeitliche Begrenzung durchgeführt und mit einem Bescheid abgeschlossen werden, wenn damit die Modernisierung oder Instandhaltung eines auf dem Grundstück befindlichen Wohnhauses mit mindestens drei Wohneinheiten bezweckt wird, die entweder von dem jetzigen Eigentümer des Grundstücks oder einem Alteigentümer durchgeführt werden soll, über dessen Rückübertragungsantrag noch nicht endgültig entschieden worden ist (§21a und b Inv.Vor.G).
IV.
Nach dem Willen des Bundesgesetzgebers ist es schließlich eine pflichtige Selbstverwaltungsaufgabe der Landkreise und kreisfreien Städte in den neuen Bundesländern, für sogenannte „herrenlose“ Grundstücke einen Abwesenheitspfleger zu bestellen und diesen zu überwachen, damit diese Grundstücke ordnungsgemäß verwaltet und gegebenenfalls an die Nutzer bzw. sonstige Interessenten veräußert werden können. Als „herrenlos“ gelten immer nur solche Grundstücke, deren Eigentümer sich nicht um ihr Grundstück kümmern und nicht auffindbar sind. Dies betrifft zum Einen die bis zur Wiedervereinigung von der DDR nicht enteigneten aber staatlich verwalteten Grundstücke von Bürgern des ehemaligen nicht-sozialistischen Wirtschaftsgebietes, wenn sich deren Eigentümer seit der Wiedervereinigung nicht gemeldet haben und deshalb ein Bedürfnis für die Bestellung eines Abwesenheitspflegers besteht (§11b VermögensG) und zum Anderen für alle übrigen privaten Grundstücke, deren Eigentümer meistens schon zu DDR-Zeiten nicht auffindbar waren, weil nicht einmal bekannt war, ob sie sich im nicht-sozialistischen Wirtschaftsgebiet aufhielten, oder weil ihre in der DDR lebenden Eigentümer inzwischen verstorben sind und deren Erben unbekannt sind (Art. 233 §2 III EGBGB). In vielen der zuletzt genannten Fällen hatten DDR-Gerichte einen Mitarbeiter des örtlichen VEB-Kommunale Wohnungswirtschaft zum Nachlaßpfleger bestellt. Diese Bestellung wurde jedoch von den Kreisgerichten nach der Wiedervereinigung nach der Erfahrung des Autors pauschal ersatzlos rückgängig gemacht.
In den Gesetzesmotiven der genannten Vorschriften steht, daß die Einsetzung eines Abwesenheitspflegers für den unbekannten Grundstückseigentümer hauptsächlich dem Zweck dient, die betroffenen Grundstücke wieder wirtschaftlich nutzbar zu machen. Interessanterweise besteht diese Möglichkeit der Kreise und kreisfreien Städte in den alten Bundesländern nicht, obwohl es dort ebenfalls herrenlose Grundstücke gibt. Offenbar ist aber die Zahl derartiger Grundstücke auf dem Gebiet der ehemaligen DDR wesentlich höher als in Westdeutschland. Normalerweise sind nur die Amtsgerichte befugt, im Rahmen eines Vormundschafts- bzw. nachlaßgerichtlichen Verfahrens (sogenannte „freiwillige Gerichtsbarkeit“) einen Nachlaß- bzw. Abwesenheitspfleger zu bestellen. Eine solche Pflegschaft kann aber nicht auf die Verwaltung eines einzelnen Grundstücks beschränkt werden, vielmehr ist der Pfleger immer für das gesamte Vermögen des abwesenden bzw. verstorbenen Eigentümers zuständig. Trotzdem hat die Gemeinde bei der Bestellung eines Pflegers hinsichtlich des herrenloses Grundstücks nach den genannten gesetzlichen Bestimmungen praktisch die gleichen Kompetenzen, wie das Nachlaßgericht bzw. das Vormundschaftsgericht hinsichtlich des Vermögens eines unbekannten Verstorbenen bzw. einer „verschwunden“ Person. Deswegen ist der Landkreis bzw. die kreisfreie Stadt nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet, den Verkauf des herrenlosen Grundstücks durch den von ihm bestellten Pfleger durch entsprechenden Bescheid zu erlauben, wenn dieser Verkauf wirtschaftlich notwendig ist, weil es z. B. nicht genügend Erträge abwirft, um die anfallenden Grundsteuern und sonstige Abgaben bzw. Bewirtschaftungskosten zu tragen. Der von dem Landkreis eingesetzte Pfleger hat die Stellung eines gesetzlichen Vertreters des unbekannten Eigentümers bzw. Erben und kann deshalb grundsätzlich über das Grundstück wirksame Verträge schließen. Allerdings benötigt er, wie bereits erwähnt, bei wichtigen Verfügungen über das Grundstück, wie dessen Verkauf, eine zusätzliche Genehmigung durch den hierfür zuständigen Landkreis (das hat z.B. das OLG Jena so entschieden, OLG-NL 96,183). Die genannten Zuständigkeiten der Landkreise und kreisfreien Städte zur Bestellung von Abweseneheit- und Nachlaßpflegern für herrenlose Grundstücke haben auch für Bewohner von Eigenheimen, die sich auf solchen Grundstücken befinden, eine nicht unerhebliche Bedeutung. Die Bestellung des Pflegers ermöglicht nämlich den Erwerb des Grundstücks durch den Eigenheimnutzer. Die Landkreise und kreisfreien Städte müssen in der Regel den Verkauf des Grundstücks an einen kaufwilligen Eigenheimnutzer genehmigen, wenn dieser bereit ist, den vorher durch einen öffentlich vereidigten Verkehrswertsachverständigen ermittelten Grundstückspreis hierfür zu bezahlen.
Im Ergebnis läßt sich feststellen, daß den Gemeinden und Gemeindeverbänden ein umfangreiches gesetzliches Instrumentarium zur Verfügung steht, das der Vermögensbildung in Ostdeutschland durch Schaffung von privatem Grundeigentum dient, wodurch der insoweit gegenüber den Vermögensverhältnissen in Westdeutschland bestehenden Nachholbedarft befriedigt werden soll. Die Gesetze sehen in diesem Zusammenhang teilweise wichtige finanzielle Vergünstigungen gerade zugunsten solcher Eigenheimnutzer vor, denen es aufgrund der damaligen Rechtslage in der DDR verwehrt war, Grundstückseigentümer zu werden.