VIII/04
I.
Haftung für kommunale Beitragsforderungen
Haftung im Sinne des Steuer- und Abgabenrechts bedeutet das Einstehenmüssen für die Erfüllung einer fremden Steuer- oder Abgabenschuld. In diesem Beitrag sollen nur Hinweise zur sogenannten „dinglichen Haftung“ eines Grundstücks für kommunale Beiträge und Abgaben gegeben werden.
Die dingliche Haftung ist von der persönlichen Haftung zu unterscheiden. Allgemein gesprochen entsteht eine persönliche Haftung erst mit Bekanntgabe eines Abgabenbescheides gegenüber dem in Anspruch genommenen Abgabeschuldner. Die dingliche Haftung ruht dagegen Kraft Gesetzes ohne Rücksicht auf den jeweiligen Eigentümer des Grundstücks auf dem Grundstück im Augenblick der Entstehung einer Beitragsschuld. Die Besonderheit besteht darin, daß die öffentliche Abgabe als öffentliche Last durch Zwangversteigerung des Grundstücks geltend gemacht werden kann und im Rahmen der Zwangsversteigerung Vorrang vor den meisten sonstigen Haftungsrechten (Grundschulden, Hypotheken) hat (§ 10 I Nr. 3 Zwangsversteigerungsgesetz, ZVG).
Öffentliche Abgaben sind aber nur dann öffentliche Grundstückslasten im Sinne des § 10 ZVG, wenn sie in dem für die Abgabe maßgeblichen Bundes- oder Landesgesetz ausdrücklich als „öffentliche Last“ bezeichnet worden sind. Während § 134 II Baugesetzbuch regelt, daß ein Erschließungsbeitrag auf dem Grundstück bzw. Erbbaurecht, dinglichen Nutzungsrecht oder Wohnungseigentum ruht, enthält das Kommunalabgabengesetz in Brandenburg eine solche Bestimmung für Straßenausbaubeiträge nicht. Daraus ist zu schließen, daß kommunale Erschließungsbeiträge auf dem erschlossenen Grundstück als öffentliche Last ruhen, dagegen kommunale Straßenausbaubeiträge nur eine persönliche Haftung begründen. Mithin haben im Rahmen der Zwangsversteigerung Erschließungsbeiträge immer Vorrang vor sonstigen Grundschulden etc., bei Ausbaubeiträgen kommt es dagegen darauf an, welchen Rang eine zwangsweise, durch Haftungsbescheid geltend gemachte Beitragsforderung zu dem Zeitpunkt erlangt, in welchem der entsprechende Vermerk im Grundbuch eingetragen wird.
II.
Säumniszuschläge
Gemäß § 12 KAG sind die Vorschriften des § 240 Abgabenordnung über Säumniszuschläge auf kommunale Abgaben entsprechend anzuwenden. Danach ist dann, wenn ein Ausbaubeitrag nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages entrichtet wird, für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag in Höhe von 1 % des rückständigen, auf € 100,00 nach unten abgerundeten Betrags zu entrichten. Der Säumniszuschlag wird in erster Linie als steuerrechtliches Druckmittel eigener Art angesehen, das auf die pünktliche Befolgung der kraft Gesetzes vollziehbaren Steuer- und Abgabenbescheide hinwirken und damit im Interesse der öffentlichen Haushalte den rechtzeitigen Eingang der Abgaben sichern soll. Aus dem gleichen Grund hat der Widerspruch gegen einen Steuer- oder Abgabenbescheid entgegen der allgemeinen Regel keine aufschiebende Wirkung, die Steuer bzw. Abgabe ist also auch dann, wenn der Verpflichtete einen zulässigen Widerspruch gegen den Bescheid eingelegt hat, sofort zu bezahlen. Bezahlt der Verpflichtete dennoch nicht zu dem in dem Abgabenbescheid genannten Zeitpunkt, werden die genannten Säumniszuschläge in der beschriebenen Weise fällig.
Der Säumniszuschlag kann frühestens mit Festsetzung der Abgabe entstehen. Die Fälligkeit kann durch Stundung, Aussetzung der Vollziehung oder Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs hinausgeschoben werden.
Über die Stundung und die Aussetzung der Vollziehung entscheidet in erster Linie die Gemeinde. Erst wenn die Gemeinde die Aussetzung der Vollziehung ablehnt, kann der Pflichtige bei dem Gericht die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs beantragen.
Voraussetzung für die Stundung ist, daß die Einziehung bei Fälligkeit für den Schuldner eine erhebliche Härte bedeuten würde und daß der Anspruch durch die Stundung nicht gefährdet erscheint. Ein sogenannter persönlicher Stundungsgrund liegt z. B. vor, wenn sich der Beitragspflichtige aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen (z. B. durch geschäftliche Verluste oder Zahlungsengpässe aus anderen betrieblichen Gründen, Krankheit usw.) zum Fälligkeitszeitpunkt in ernstlichen Zahlungsschwierigkeiten befindet, deshalb über die erforderlichen Mittel nicht verfügt und auch nicht in der Lage ist, sich diese Mittel auf zumutbare Weise zu beschaffen.
Die Fälligkeit der Abgabe wird durch deren Stundung oder durch die Aussetzung der Vollziehung des Bescheides durch die Gemeinde hinausgeschoben. Dasselbe trifft zu, wenn das Gericht auf entsprechenden Eilantrag des Pflichtigen hin die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs verfügt. Solange eine solche gerichtliche Verfügung noch nicht vorliegt, deshalb also während des gesamten gerichtlichen Verfahrens, das mit unter zwei bis drei Jahre dauern kann, fallen deshalb Säumniszuschläge an. Bei einer zwei-jährigen Dauer des Verfahrens sind also Säumniszuschläge in Höhe von 24 % der festgesetzten Abgabe zu zahlen. Allerdings kann das Gericht die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs auch rückwirkend zum Tage der Einlegung des Widerspruchs anordnen. Dann fallen Säumniszuschläge ab diesem Zeitpunkt nicht an.
Im Rahmen eines verwaltungsgerichtlichen Eilverfahrens des Abgabenschuldners ist es üblich, daß die Gemeinde auf Bitten des Gerichts von Vollstreckungsmaßnahmen bis zu einer Entscheidung über den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung absieht. In diesem Falle verbleibt es also bei der Fälligkeit der festgesetzten Abgabe, so daß während des gesamten Verfahrens Säumniszuschläge anfallen. Nach der Rechtsprechung ist der Erlaß von Säumniszuschlägen geboten, wenn dem Abgabenschuldner die rechtzeitige Zahlung der Abgabe wegen Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit unmöglich war und deshalb der Zweck der Säumniszuschläge, den Abgabepflichtigen zu einer rechtzeitigen Zahlung fälliger Abgaben anzuhalten, nicht mehr vorliegt.
Im Ergebnis sollten deshalb festgesetzte Beiträge auch dann zunächst einmal von dem Abgabenschuldner gezahlt werden, wenn gegen den Bescheid Rechtsmittel einlegt. Nur dann ist man sicher, nicht vor Ende des Verfahrens noch wegen der teilweise erheblichen Säumniszuschläge in Anspruch genommen zu werden. Die Säumniszuschläge fallen nämlich selbst dann an, wenn das Gericht im Hauptsacheverfahren am Ende feststellen sollte, daß der Abgabenbescheid von Anfang an rechtswidrig gewesen ist. Dies folgt aus dem Zweck der Säumniszuschläge, ein Druckmittel auf den Abgabenschuldner zu sein.
Auch bei Einlegung von Rechtsmittels sollte deshalb von einer vorläufigen Zahlung nur Abstand genommen werden, wenn die Gemeinde mit der Stundung der Abgabe bis zu einer Entscheidung des Gerichts bzw. einer entsprechenden Aussetzung der Vollziehung einverstanden ist oder wenn eine schriftliche Bestätigung der Gemeinde vorliegt, in welcher diese auf Säumniszuschläge für die Zeit bis zu einer Entscheidung des Gerichts (gegebenenfalls in einem Eilverfahren) verzichtet.
Rechtsanwalt
Dr. Jens Robbert