Vorspann: Der Beitrag untersucht die heutigen sachenrechtlichen Konsequenzen der Beteiligung von zwei unterschiedlichen staatlichen Stellen der DDR an demselben Grundstück. In diesem Zusammenhang beleuchtet der Autor die rechtlichen Eigenschaften des Rechtsinstituts „Volkseigentum“ vor der Wiedervereinigung. Anlaß hierfür sind divergierende Urteile des Bundesverwaltungsgerichts und des Brandenburgischen Oberlandesgerichts.
I. Erstes Beispiel: Die Eigentumsverhältnisse an sogenannten „Ferienobjekten“ ehe
mals volkseigener Betriebe
1. Beschreibung
der Fragestellung
In der DDR war es üblich, daß größere volkseigene Betriebe über sogenannte
„Ferienobjekte“ in Erholungsregionen der DDR verfügten, die vielfach hunderte
Kilometer entfernt lagen. Meistens handelte es sich um Bungalows einfacher
Bauart, die nur in der schönen Jahreszeit von Betriebsangehörigen während ihres
Urlaubs genutzt werden konnten. Soweit diese Bungalows auf einem volkseigenen
Grundstück errichtet wurden, an welchem der volkseigene Betrieb die
Rechtstellung eines Rechtsträgers erlangt hat, ist dieses Grundstück samt der
mit ihm verbundene Bungalows durch § 11 Treuhandgesetz in das Eigentum des
ehemaligen Betriebes übergegangen. Diese Fallkonstellation bietet keine
rechtlichen Schwierigkeiten.
Anders stellt sich die Rechtslage jedoch dar, wenn die Bungalows von dem volkseigenen Betrieb nicht auf einem in seine Rechtsträgerschaft fallenden volkseigenen Grundstück sondern auf einem volkseigenen Grundstück in der Rechtsträgerschaft eines anderen Rechtsträgers errichtet worden waren. Eine solche Konstellation war in der DDR durchaus üblich.
2. Das maßgebliche Vertragsrecht
Für das Vertragsrecht zwischen sogenannten „Wirtschaftseinheiten“, zu denen insbesondere volkseigene Betriebe zählten, war nicht das sogenannte Zivilrecht (ZGB der DDR und Nebengesetze) zuständig, vielmehr galt für diese das „Gesetz über das Vertragssystem in der sozialistischen Wirtschaft“ (Vertragsgesetz) in der Fassung vom 25.3.1982. Speziell für Nutzungsverträge, in denen sich der Überlasser verpflichtete, Grundstücke und sogenannte „Grundmittel“ einer anderen Wirtschaftseinheit zur Nutzung zu überlassen, enthielten die
§§ 71 und 72 Vertragsgesetz sehr rudimentäre und allgemeingehaltene Regelungen. Diese Vorschriften enthielten aber insbesondere keine Regelungen hinsichtlich der Rechtsfolgen, welche mit der Errichtung von Bungalows durch den nutzenden Betrieb auf dem „fremden“ Grundstück in der Rechtsträgerschaft des überlassenden Betriebes verbunden waren. Derartige „Lücken“ des Vertragsgesetzes, welches lediglich aus 116 Paragraphen bestand, wurden wiederum durch die entsprechende Anwendung des Zivilgesetzbuchs der DDR ausgefüllt.
Die quasi gesetzliche Grundlage der entsprechenden Anwendbarkeit des Zivilrechts auf die grundsätzlich ausschließlich dem Vertragsgesetz unterliegenden Rechtsverhältnisse zwischen „Wirtschaftseinheiten“ der sozialistischen Wirtschaft war seit Mai 1983 die „Grundsätzliche Feststellung Nr. 2/1983 über die Anwendung von Bestimmungen des Zivilgesetzbuches auf Wirtschaftsverhältnisse des staatlichen Vertragsgerichts vom 16.5.1983[i]. Gemäß Ziffer 1.1. dieser „grundsätzlichen Feststellung“ fanden die Bestimmungen des Zivilgesetzbuchs entsprechende Anwendung, soweit im Vertragsgesetz und in den zu seiner Durchführung oder Ergänzung erlassenen Rechtsvorschriften sowie den speziellen Rechtsvorschriften nach § 1 II Vertragsgesetz keine Bestimmungen für den Abschluß und die Erfüllung der Wirtschaftsverträge enthalten waren.
Was das hier fragliche Nutzungsverhältnis zwischen zwei volkseigenen Betrieben zum Zwecke der Errichtung und anschließenden Nutzung von sogenannten Ferienbungalows durch den nutzenden Betrieb zur Schaffung von Ferienunterkünften für dessen Werktätige auf dem in der Rechtsträgerschaft des überlassenden Betriebes stehenden Grundstück angeht, enthielt das Vertragsgesetz schon deshalb keine besonderen Bestimmungen, weil dieses natürlich in erster Linie die Regelung des Produktionsprozesses im weitesten Sinne zum Gegenstand hatte, nicht jedoch derartige atypische Vertragsbeziehungen. Deshalb enthielt schon § 286 IV ZGB die Regelung, daß die Bestimmungen des ZGB über die Nutzung von Grundstücken und Gebäuden zum Wohnen und zur Erholung im vierten Teil des ZGB „auch für Betriebe bei der Übertragung und Nutzung von Grundstücken und Gebäuden“ gelten sollten, allerdings nur, soweit dafür besondere Rechtsvorschriften nicht bestehen. In Ziffer 1.2. Satz 2 der oben zitierten grundsätzlichen Feststellung Nr. 2/1983 des Vertragsgerichts heißt es etwas genauer, daß die Bestimmungen des vierten Teils des ZGB (§ 284 bis 322 ZGB) nur insoweit anzuwenden sind, „wie die jeweilige Rechtsbeziehung nicht durch §§ 71 und 72 Vertragsgesetz oder durch andere Rechtsvorschriften geregelt wird“.
3. Sachenrechtliche Konsequenzen
a) Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts und des Brandenburgischen
Oberlandesgerichts
Das Brandenburgische Oberlandesgericht ist in zwei Entscheidungen der Auffassung, daß der die Ferienbungalows errichtende volkseigene Betrieb sogenanntes „Baulichkeitseigentum“ gemäß §§ 286 IV, 312, 296 I ZGB an den errichteten Ferienbungalows erworben hat, welches durch Artikel 231 § 5 I EGBGB bis heute fortbesteht [ii]. Entgegen diesen Entscheidungen hält das Bundesverwaltungsgericht das Auseinanderfallen volkseigener Grundstücks- und Gebäudeeigentums unterschiedlicher Rechtsträger an demselben Grundstück rechtlich für unmöglich.
b) Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts
Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts für die Beurteilung sachenrechtlicher Fragen ergibt sich im vorliegenden Zusammenhang aus dem Umstand, daß nach der Systematik des Überleitungsrechts zur Aufteilung des Volkseigentums der Deutschen Demokratischen Republik zum Tage des Inkrafttretens des Einigungsvertrages am 3.10.1990 gemäß Artikel 233 § 2 II Satz 4 EGBGB in Verbindung mit Artikel 21, 22 und 25 Einigungsvertrag über die Frage der konkreten Zuordnung einer bislang volkseigenen Sache oder volkseigenen Rechts ein feststellender Zuordnungsbescheid im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens erlassen werden kann, der die Frage der Rechtsnachfolge verbindlich feststellt. Die Einzelheiten sind in dem Vermögenszuordnungsgesetz vom 22.3.1991 [iii] geregelt worden. Alle an dem Verfahren Beteiligten haben das Recht, in diesem Verfahren ergangene Bescheide vor den Verwaltungsgerichten anzufechten. Maßgeblich für die Zuordnung sind die im Einigungsvertrag bzw. im Treuhandgesetz und den zu diesem ergangenen Ausführungsverordnungen geregelt, wobei im Bereich der Wirtschaft hauptsächlich auf den wirtschaftlichen Schwerpunkt der Beziehung möglicher Rechtsnachfolger zu dem zuzuordnenden Vermögensobjekt abgestellt wird.
c) Eigene Stellungnahme
Die Auffassung des Brandenburgischen Oberlandesgerichts, nach welcher es möglich sein soll, daß ein volkseigener Betrieb an einem volkseigenen Grundstücks, welches einem anderen Rechtsträger zugeordnet war, eigenes Baulichkeitseigentum erwerben konnte, ist weder mit der Unanwendbarkeit des Sachenrechts auf Binnenverhältnisse zwischen volkseigenen Betrieben noch mit dem sogenannten Typenzwang des Sachenrechts vereinbar. Dieses gesetzgeberische Prinzip beruht auf der Besonderheit der dinglichen Rechte, daß dingliche Rechte gegenüber jedermann geschützt sind, so daß die Kodifikation des Sachenrechts inhaltlich fest umrissene Typen von Herrschaftsrechten ausgebildet hat, die weder durch vertragliche Vereinbarung noch durch richterliche Rechtsfortbildung beliebig vermehrt werden können [iv]. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, daß das Sachenrecht der DDR auf dem gesamtdeutschen Sachenrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs beruhte. [v]
Die Auffassung des Brandenburgischen Oberlandesgerichts beruht auf einer grundsätzlichen Verkennung des Rechtsinstituts der Rechtsträgerschaft an volkseigenen Grundstücken. Bekanntlich waren volkseigene bzw. sozialistische Wirtschaftseinheiten nicht Eigentümer des von ihnen verwalteten Volkseigentums. Dies beruhte allein auf dem Umstand, daß sowohl alle volkseigenen Betriebe als auch alle volkseigenen Grundstücke Eigentum desselben Eigentümers waren. Dabei bestand immer Einigkeit darüber, daß Eigentümer die Deutsche Demokratische Republik war, daß also genau betrachtet das Volkseigentum staatliches Eigentum war [vi].
aa) Staatliche Betriebe und das Volkseigentum
Da das Zivilrecht ausschließlich Rechtsverhältnisse zwischen mehreren selbständigen Rechtspersönlichkeiten mit eigenen Rechten regelt, „paßt“ es auf die binnenrechtlichen Beziehungen zwischen zwei volkseigenen Betrieben nicht. Schon Artikel 28 der ersten Verfassung vom 7.10.1949 bestimmte, daß die Veräußerung und die Belastung volkseigenen Eigentums nur mit Zustimmung der zuständigen Volksvertretung erfolgen durfte. Gemäß § 20 des Zivilgesetzbuchs vom 1.1.1976 war der Erwerb von Sachen, die Grundlage der wirtschaftlichen Tätigkeit der Betriebe sind, aus dem sozialistischen Eigentum in persönliches Eigentum unzulässig. Nach Satz zwei dieser Bestimmung durfte Volkseigentum nicht belastet werden. Ausnahmen durften nur aufgrund ausdrücklicher gesetzlicher Vorschrift geregelt werden. Die Aufgabe der volkseigenen Betriebe, Kombinate und Wirtschaftseinheiten bestand darin, das ihnen vom Staat zugeordnete Volkseigentum zu verwalten und zu bewirtschaften. Für dieses Zuordnungsverhältnis wurde zunächst allgemein der Begriff „Rechtsträgerschaft“ gewählt. Später wurden für bewegliche Sachen sowie mit dem Grundstück verbundene Maschinen und Gebäude die Begriffe „operative Verwaltung“ und „Fondsinhaberschaft“ üblich. Der Begriff der Rechtsträgerschaft wurde nur noch in Bezug auf volkseigene Grundstücke und Gebäude verwendet [vii]. Die Rechtsträger üben gewissermaßen die Rechte und Pflichten für den Eigentümer (den Staat) aus. Sie waren zur Erhaltung der Grundstücke und Gebäude verpflichtet, hatten die buchmäßige Erfassung und Bewertung vorzunehmen, die Abschreibungen und die Produktionsfondsabgabe abzuführen und die Gebühren für Versicherungen, für die Straßenreinigung und die Grundsteuer zu entrichten. Sie konnten aber das Eigentum am Grundstück auf keinen Fall ökonomisch verwerten. Deswegen übte der Rechtsträger gegen Dritte die Eigentumsschutzansprüche des Staates, die Ansprüche auf Beseitigung und Unterlassung von Störungen und den Schadensersatzanspruch (§§ 33, 328, 330 ff ZGB) für den Staat aus. Im Ergebnis war also der volkseigene Betrieb nichts anderes als ein unselbständiger, vom Staat kontrollierter „Treuhänder“ an den ihm zur Bewirtschaftung überlassenen volkseigenen Grundstücken und Produktionsmitteln mit der soeben dargestellten beschränkten Verfügungsmacht [viii]. Demgemäß heißt es bei Brunner, Einführung in das Recht der DDR:
„Eigentümer des gesamtgesellschaftlichen Volkseigentums ist der Staat. Er übt seine Eigentümerbefugnisse durch seine Wirtschaftseinheiten aus, deren Kompetenzen sich nach deren Stellung im Leitungssystem der Wirtschaft bemessen. Demzufolge sind die Betriebe nicht Eigentümer der Vermögensgegenstände, mit denen sie wirtschaften.“ [ix]
bb) Gesetzliche Regelung der Rechtsträgerschaft
Da auch das Sachenrecht der DDR auf dem überkommenen sachenrechtlichen Typenzwang des BGB beruhte, welches seinerseits Sonderregelungen für staatliches Eigentum nicht kannte, war das Recht der quasi sachenrechtlichen Beziehungen der Rechtsträger untereinander in Bezug auf volkseigene Grundstücke allein in der Rechtsträgeranordnung vom 7.7.1969 [x] geregelt. Dagegen richtete sich die quasi dingliche Zuordnung von volkseigenen Gebäuden und Maschinen nach der Verordnung über den Verkauf und Kauf volkseigener unbeweglicher Grundmittel durch Betriebe der volkseigenen Wirtschaft vom 28.8.1968 [xi]. Bei diesen Bestimmungen handelte es sich quasi um eine Art „Innenrecht“, welches in Ermangelung der Anwendbarkeit des Sachenrechts die wirtschaftlichen Zuordnungsverhältnisse über Grund und Boden zwischen zwei volkseigenen Wirtschaftseinheiten in Bezug auf ein volkseigenes Grundstück regelte. § 3 I der Rechtsträgeranordnung regelte die Übertragung der Verwaltungsmacht an einem Grundstück zwischen zwei volkseigenen Wirtschaftseinheiten durch sogenannten „Rechtsträgerwechsel“, der grundsätzlich unentgeltlich erfolgte. Zum Verständnis ist hier wichtig, daß die volkseigenen Grundstücke grundsätzlich nicht als „unbewegliche Grundmittel“ betrachtet wurden. Sie halten keinen wirtschaftlichen Zuweisungsgehalt und waren insoweit „res extra commercium“ (nicht verkehrsfähig). Mit diesem Begriff sind vielmehr immer nur Gebäude und fest mit dem Grundstück verbundene Maschinen und Anlagen gemeint. Soweit die Übertragung derartiger Anlagen bzw. Gebäude von einem Rechtsträger auf den anderen zu beurteilen ist, richtete sich diese Frage ausschließlich nach der Verordnung über den Kauf und Verkauf volkseigener unbeweglicher Grundmittel vom 28.8.1968. Aus § 1 III dieser Verordnung ergibt sich die Unanwendbarkeit der Rechtsträgeranordnung und die ausschließliche Anwendbarkeit der Verordnung vom 28.8.1968 auf unbewegliche Grundmittel. Dort heißt es:
„Unbewegliche Grundmittel sind Gebäude und bauliche Anlagen, die mit dem Grund und Boden fest verbunden sind, sowie solche Maschinen und Ausrüstungen, die aufgrund ihrer Konstruktion, Gestaltung oder Funktion an einen festen Standort gebunden sind… Volkseigener Grund und Boden gilt nicht als Grundmittel im Sinne dieser Verordnung.“
Hieraus folgt wiederum eindeutig, daß das Recht der DDR eine von der Rechtsträgerschaft am Grundstück unabhängige „Rechtsträgerschaft“ an Gebäuden nicht kannte, da Gebäude als „Grundmittel“ im Sinne der Verordnung vom 28.8.1968 angesehen wurden und die Vorschriften über die Rechtsträgerschaft ausschließlich auf Grundstücke bzw. sachenrechtlich selbständige Gebäude (auf privaten Grundstücken) angewendet werden durften. Mithin konnte auch eine besondere, von der Rechtsträgerschaft an dem Grundstück getrennte Rechtsträgerschaft an dem Gebäude nicht entstehen [xii].
cc) Rechtliche Konsequenzen im vorliegenden Fall
Dies hatte folgende Konsequenzen: In dem hier fraglichen Fall der Errichtung von Ferienbungalows auf Grundstücken in fremder Rechtsträgerschaft konnte der die Bungalows errichtende, das Grundstück nutzende Betrieb kein selbständiges „Baulichkeitseigentum“ im Sinne des § 296 I ZGB erwerben, obwohl § 286 IV grundsätzlich die entsprechende Anwendbarkeit des vierten Teils des ZGB vorsah. Andererseits bestimmte das zwischen volkseigenen Wirtschaftseinheiten geltende „Innenrecht“, hier die Verordnung vom 28.8.1968, sogenannte „Fondsinhaberschaft des die Gebäude errichtenden volkseigenen Betriebes“ an den auf dem Grundstück errichteten Gebäuden, und zwar auch nach Beendigung des Nutzungsvertrages, solange nicht durch schriftlichen Kaufvertrag zwischen dem das Grundstück nutzenden Betrieb und dem Rechtsträger-Betrieb gegen Zahlung eines Kaufpreises in Höhe des Wertes der Gebäude gemäß § 3 der Verordnung der Übergang der Fondsinhaberschaft auf den Rechtsträger-Betrieb vereinbart wurde.
Dieses Ergebnis entspricht Ziffer 1.3. der Grundsätzlichen Feststellung des Vertragsgerichts vom 16.5.1983, nach deren Inhalt die Bestimmungen des ZGB über das Eigentum bzw. über die Nutzung von Grundstücken und Gebäuden nur insoweit anzuwenden sind, als nicht „durch andere Rechtsvorschriften“ Sonderregelungen gelten. Das hier gefundene Ergebnis stimmt auch überein mit § 11 II Treuhandgesetz bzw. § 2 der Fünften Durchführungsverordnung zum Treuhandgesetz, welche eine Aufspaltung ehemaligen Volkseigentums in Grundstückseigentum einerseits und Gebäudeeigentum andererseits nicht kennen und deshalb eine einheitliche Übertragung des vormaligen, auch die Gebäude umfassenden [xiii] Volkseigentums an dem Grundstück auf die Rechtsnachfolger-GmbH des ehemaligen Rechtsträger-VEB`s vorsieht [xiv].
II. Zweites Beispiel: Fehlgeschlagene Vermögensübertragungen bei der Umwandlung der VEB-Gebäude-wirtschaft/Kommunale Wohnungsverwaltung seit dem 1.7.1990
1. Gesetzliche Unklarheiten bei der Privatisierung
Noch vor der „Abschaffung“ des Volkseigentums durch Anlage 1 Kapitel III B II (Artikel 233 § 2 II EGBGB) hat die Volkskammer der DDR die Kommunen ermächtigen wollen, das in der Rechtsträgerschaft der kommunalen Wohnungswirtschaftsbetriebe stehende Volkseigentum durch Einbringung in gemeinnützige GmbH`s zu privatisieren. Dies geschah durch das „Gesetz über die Umwandlung volkseigener Wohnungswirtschaftsbetriebe vom 22.07.1990“. Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes waren die betroffenen Wohnungsgrundstücke weder Eigentum der Kommunen noch der kommunalen Wohnungsbaubetriebe, sondern weiterhin Volkseigentum, also staatliches Eigentum des Gesamtstaates, der Deutschen Demokratischen Republik. Der Fall ist ein schönes Beispiel für den Umstand, daß Gesetze, die nach der „Wende“ entstanden sind, nicht ohne Kenntnisse des Rechts der DDR „verstanden“ werden können.
Bis zum 3. Oktober 1990 waren die oben dargestellten Besonderheiten des Rechts des Volkseigentums, insbesondere die Rechtsträgeranordnung und die Verordnung über den Kauf und Verkauf volkseigener unbeweglicher Grundmittel weiterhin geltendes Recht. Mithin stand dem Rechtsträger eines volkseigenen Grundstücks zwar grundsätzlich die Befugnis zu, über die auf dem volkseigenen Grundstück aufstehenden unbeweglichen „Grundmittel“ (Gebäude und Maschinen) Kaufverträge mit anderen volkseigenen Betrieben bzw. Institutionen abzuschließen, nicht jedoch über ihre Rechtsträgerschaft an einem Grundstück.
Die Tatsache, daß die Verordnung über den Kauf und Verkauf volkseigener unbeweglicher Grundmittel vom 28.8.1968 ein volkseigenes Grundstück nicht als dem VEB zugeordnetes und veräußerliches „Grundmittel“ im Sinne dieser Verordnung betrachtete und die Rechtsträgerschaft an einem Grundstück damit praktisch als wirtschaftlich inhaltsleere Formalposition dem Rechtsverkehr zwischen volkseigenen Rechtssubjekten entzogen hat, hat auch bei der Privatisierung des volkseigenen Wohnungsbestandes seit dem 1.7.1990 zu erheblichen rechtlichen Unsicherheiten geführt. Insbesondere weigerten sich die Grundbuchämter, Grundbuchberichtigungen aufgrund einer Umwandlungserklärung gemäß § 3 Wohnungswirtschaftsumwandlungsgesetze vom 22.7.1990 vorzunehmen.
2. Anknüpfung der Privatisierungsvorschriften an die Rechtsträgerschaft
Die Privatisierung des in der Rechtsträgerschaft der volkseigenen Betriebe stehenden Grundvermögens erfolgte, jedenfalls soweit dieses Grundvermögen dem wirtschaftlichen Zweck der Betriebe diente, durch § 11 III des Treuhandgesetzes in der Fassung vom Juni 1990. Gemäß § 11 I wurden die volkseigenen Betriebe zum 1.7.1990 kraft Gesetzes in Kapitalgesellschaften umgewandelt, zumeist GmbH`s. In § 11 II Satz 2 hieß es hierzu: „Die Umwandlung bewirkt gleichzeitig den Übergang des Vermögens aus der Fondsinhaberschaft der bisherigen Wirtschaftseinheit sowie des in Rechtsträgerschaft befindlichen Grund und Bodens in das Eigentum der Kapitalgesellschaft“. Damit war klargestellt, daß nicht nur der dem VEB zustehende volkseigene Grundmittelfonds sondern auch das in seiner Rechtsträgerschaft stehende Grundstück nunmehr von den Beschränkungen des Volkseigentums befreites, unbeschränktes Privateigentum der Kapitalgesellschaft wurde.
3. Sonderfall Kommunale Wohnungswirtschaft
Von dieser gesetzlichen Umwandlung in Kapitalgesellschaften ausgenommen waren diejenigen volkseigenen Betriebe, die auch in der neuen, marktwirtschaftlichen Ordnung zunächst nicht als in erster Linie „profitorientiert“ angesehen wurden oder die auf die neuentstehenden nichtstaatlichen kommunalen Gebietskörperschaften (Landkreise und Gemeinden) übertragen werden sollten. Hierzu zählten insbesondere auch die kommunalen Wohnungswirtschaftsbetriebe.
Demgemäß ist das volkseigene Wohnungsvermögen der DDR zunächst durch §§ 1, 2 Abs. 1 Buchstabe d), § 7 Kommunalvermögensgesetz und dann gemäß Artikel 22 Abs. 4 Satz 1 und 3 Einigungsvertrag Eigentum der Gemeinden geworden. Schon § 59 Abs. 2 Kommunalverfassungsgesetz der DDR vom 17.5.1990 [xv] sah in Verbindung mit § 59 Abs. I vor, daß die Betriebe der Kommunalen Wohnungswirtschaft in Gemeinnützige Wohnungsgesellschaften umgewandelt werden sollten. Deshalb sah bereits das am 9.8.1990 in Kraft getretene DDR-Gesetz über die Umwandlung volkseigener Wohnungswirtschaftsbetriebe in Gemeinnützige Wohnungsbaugenossenschaften vom 22.7.1990 [xvi] die Möglichkeit vor, daß die Kommunen entsprechend den Regelungen des bundesdeutschen Umwandlungsgesetzes (§ 58 Umwandlungsgesetz) gleichzeitig mit der gesellschaftsrechtlichen Umwandlung des ehemaligen VEB in eine GmbH das kommunaleigene Wohnungsvermögen auf die neu entstandene GmbH übertragen konnten. § 3 des Gesetzes vom 22.7.1990 hatte dabei folgenden Wortlaut:
„Die Umwandlung bewirkt gleichzeitig die Übertragung der in Rechtsträgerschaft der volkseigenen Wohnungswirtschaftsbetriebe befindlichen Wohngebäude und baulichen Anlagen als Geschäftsanteil der Kommunen in das Vermögen der Wohnungsbaugesellschaften.“
In Abs. 4 dieser Vorschrift heißt es weiter:
„Die Eigentumsübertragung ist notariell zu beglaubigen und bedarf der grundbuchrechtlichen Eintragung.“
Gesellschaftsrechtlich handelte es sich bei einer derartigen Umwandlungserklärung um einen Fall der Universalsukzession in Ansehung der von der Umwandlung umfaßten Vermögenswerte mit konstitutiver Wirkung. Dies bedeutet, daß die formgerechte Umwandlungserklärung kraft Gesetzes den Übergang des von der Umwandlungserklärung betroffenen kommunalen Vermögens auf die neuentstehende Gesellschaft mit beschränkter Haftung zur Folge hat [xvii]. Formale Voraussetzung dafür, daß der Vermögensübergang in diesem Sinne stattfinden kann, ist, daß der Umwandlungserklärung eine öffentlich beglaubigte Übersicht über die dem Erklärenden gehörenden Vermögensgegenstände, die in das Vermögen der Gesellschaft übergehen sollen, als Anhang beigefügt ist. Dies fordern auch die entsprechenden Vorschriften der Grundbuchordnung [xviii].
4. Rechtliche Folgen des Außerkrafttretens des Wohnungswirtschaftsumwandlungsgesetzes
Das Gesetz über die Umwandlung volkseigener Wohnungswirtschaftsbetriebe vom 22.7.1990 ist im Zusammenhang mit der allgemeinen Überleitungsregelung der Artikel 8 und 9 in Verbindung mit Anlagen I und II am 3.10.1990 außer Kraft getreten. Dennoch hatten eine Reihe von Gemeinden bereits entsprechende Umwandlungsakte auf der Grundlage dieses Gesetzes vorgenommen [xix]. Nicht nur das Außerkrafttreten des eben erwähnten DDR-Gesetzes vom 22.7.1990, sondern auch die in § 3 Abs. 1 des Gesetzes enthaltene Formulierung, daß die Umwandlung ausdrücklich nur die Übertragung „der in Rechtsträgerschaft der volkseigenen Wohnungswirtschaftsbetriebe befindlichen Wohngebäude und baulichen Anlagen“ in das Vermögen der umgewandelten Wohnungsbaugesellschaften – also nicht der Grundstücke – „bewirke“, führten dazu, daß die Rechtswirksamkeit dieser Umwandlungsakte grundsätzlich in Frage gestellt wurde [xx].
Zum Zeitpunkt der Geltung des oben dargestellten DDR-Wohnungswirtschaftsumwand-lungsgesetzes also bis zum 3.10.1990 galten sowohl die Rechtsträgeranordnung vom 7.7.1969 als auch die Verordnung über den Verkauf und Kauf volkseigener unbeweglicher Grundmittel vom 28.8.1968 fort. Diese Vorschriften gestatteten es dem Rechtsträger des volkseigenen Grundstücks gerade nicht, das Eigentum des Grundstücks zu übertragen. Vielmehr konnte ein Rechtsträger nach der Rechtsträgeranordnung lediglich die Rechtsträgerschaft, also seine mit der Rechtsträgerschaft verbundene eingeschränkte Verfügungs- und Verwaltungsmacht übertragen. Gemäß § 1 Abs. 4 der Grundmittelverkaufsverordnung galt die den VEB’s durch diese Verordnung eingeräumte Befugnis, Grundmittel zu veräußern, nicht „für die Übertragung volkseigener Wohngebäude und überwiegend Wohnzwecken dienender Gebäude“. Schon aus diesem Grunde war fraglich, ob § 3 des Wohnungswirtschaftsumwandlungsgesetzes den Gemeinden eine Rechtsmacht zur Grundstückseigentumsübertragung hinsichtlich der betroffenen, staatseigenen Wohnungsgrundstücke eingeräumt hatte. Diese Zweifel wurden dadurch verstärkt, daß die genannte Vorschrift ausdrücklich nur von der „Übertragung der ….. Wohngebäude und baulichen Anlagen“ sprach und das gemäß § 30 Abs. 1 ZGB als „Hauptsache“ anzusehende Grundstück gar nicht erwähnte. Dies sprach für eine „Abspaltung“ des durch die Umwandlungserklärung selbständig werdenden Gebäudeeigentums, das nach dieser Auslegung auf die Wohnungsbaugesellschaft übergehen sollte, und für ein Verbleiben des Grundstückseigentums bei dem staatlichen Eigentümer. Diese Auslegung des Gesetzes war jedoch wiederum mit dem Grundsatz des Numerus clausus der dinglichen Rechte, der sowohl im ZGB als auch im BGB der Bundesrepublik Geltung hatte und der selbständiges volkseigenes Gebäudeeigentum an einem ebenfalls volkseigenen Grundstück nicht vorsah, nicht vereinbar.
5.Rechtliche Konsequenzen im vorliegenden Fall
Tatsächlich dürfte der Gesetzgeber des Wohnungswirtschaftsumwandlungsgesetzes vom 22.7.1990 bei der Formulierung der problematischen Vorschrift ein Opfer der Tatsache gewesen sein, daß das DDR-Wirtschaftsrecht nur Maschinen und bauliche Anlagen auf volkseigenen Grundstücken als werthaltiges „Grundmittel“ im Sinne der Grundmittelverkaufsverordnung ansah, das volkseigene Grundstückseigentum als solches, das sich ja rechtlich „eigentlich“ auch auf diese, als wesentliche Bestandteile anzusehenden, Gebäude und Anlagen erstreckt, nicht als „Grundmittel“ im Sinne der Grundmittelverkaufsverordnung angesehen werden durfte. Wenn also der Gesetzgeber des Wohnungswirtschaftsumwandlungsgesetzes in § 3 Abs. 4 nur die „Gebäude und baulichen Anlagen“ erwähnte, so war damit natürlich das ungeteilte und unteilbare, sich auf diese „Grundmittel“ erstreckende, einheitliche Grundstückseigentum gemeint. Dieses Verständnis des Gesetzes wird dadurch unterstrichen, daß nach § 1 Abs. 5 der Verkauf volkseigener unbeweglicher Grundmittel „nur in Verbindung mit dem Rechtsträgerwechsel für das Grundstück“ stattfinden durfte. Nur dann, wenn das volkseigene Grundstück „von mehreren Betrieben, Organen und Einrichtungen gemeinsam genutzt“ wurde „und eine Grundstücksteilung mit einem zu hohen Aufwand verbunden ….“ war, sollten volkseigene unbewegliche Grundmittel ohne entsprechenden Rechtsträgerwechsel zwischen volkseigenen juristischen Personen übertragen werden können (§ 3 Abs. 5 Rechtsträgeranordnung). Nach Auffassung des Verfassers kann das Gesetz vor dem soeben dargestellten rechtshistorischen Hintergrund und im Hinblick auf den mit ihm verfolgten Willen, wirksam Wohneigentum auf die umgewandelte Wohnungs-Kapitalgesellschaft zu übertragen, nur so verstanden werden, daß die Umwandlungserklärung nicht nur den – systematisch nicht möglichen – Übergang selbständigen Gebäudeeigentums, sondern den Übergang des Grundstückseigentums zur Folge hatte. Diese Auffassung war jedoch über Jahre hin zwischen allen Beteiligten höchst umstritten.
Diese rechtlichen Unsicherheiten sind jedoch durch die Heilungsvorschrift des Artikel 231 § 9 Abs. 1 EGBGB, welche im Jahre 1995 in Kraft getreten ist, im Sinne der hier vertretenen Meinung zugunsten der Wirksamkeit einer Übertragung des Grundstückseigentums in das GmbH-Vermögen durch Umwandlungserklärung im Sinne des § 3 Wohnungswirtschaftsumwandlungsgesetzes vom 22.7.1990 geregelt worden [xxi].
Dr. Robbert
[i] VuM Nr. 3 Seite 13
[ii] Urteil vom 10.10.2002, 5 U 8/02 und Hinweisbeschluß vom 10.3.2005, 5 U 101/04; siehe auch Urteil vom 2.4.1998, 5 U 38/97; alle Entscheidungen sind nicht veröffentlicht
[iii] BGBl. I Seite 766, 784
[iv] siehe: Baur, Sachenrecht, § 1 II 2.; Westermann I, 6. Auflage 1990, § 1 I
[v] vgl.: Westen, Das neue Zivilrecht der DDR, Berlin (West) 1977, 21-25; Westen/Schleider, Zivilrecht im Systemvergleich, 1984, 329
[vi] vgl. Verfassung der DDR Artikel 12, GBL .I 1974, 425
[vii] vgl.: Eichmann, Grundstücksrecht in den neuen Bundesländern, 3. Auflage 1996 2-3
[viii] Lehmann/Zenker, Zum Inhalt der Rechtsträgerschaft an volkseigenen Grundstücken, Staat und Recht, Heft 3 1980
[ix] Brunner, a.a.O., 1975, 110
[x] GBl II Nr. 68, Seite 433
[xi] GBl II Nr. 99, Seite 797
[xii] so auch das Bundesverwaltungsgericht: VIZ 95, 99
[xiii] siehe § 30 I ZGB
[xiv] vergleiche hier: Graf Lambsdorff, Vermögensübergang bei ehemals Volkseigenen Betrieben, DtZ 92, 102; siehe hierzu auch die Entscheidung des BGH vom 26.11.1999, V ZR 302/98, sowie des Bundesverwaltungsgerichts vom 13.10.1994, 7 C 48/93, DZWiR 1995, 102 ff
[xv] GBl. I Seite 255
[xvi] GBl. I Seite 901
[xvii] siehe hierzu im einzelnen: Messerschmidt, „Umwandlung der Kommunalen Wohnungswirtschaft in den neuen Bundesländern“, VIZ 93, 373, 375
[xviii] Messerschmidt, a.a.O., Seite 376, FN 40 – 42, m.w.N.
[xix] so auch die Stadt Potsdam, dies beruht auf der persönlichen Kenntnis des Verfassers
[xx] zum Beispiel durch Etzbach, Grundstück- und Immobilienrecht, Rechtshandbuch Vermögen und Investitionen, SystDarst V, RN 32
[xxi] Vermögensrechtsanpassungsgesetz vom 4.7.1995, BGBl. I Seite 895; siehe hierzu die Kommentierung von Busche, in: MünchKomm, 3. Auflage, Artikel 231 § 9, RN 1 ff