Nach § 903 des Bürgerlichen Gesetzbuches ist der Eigentümer befugt, mit seinem Eigentum nach Belieben zu verfahren und Andere von jeder Einwirkung auszuschließen. Diese umfassende Verfügungsmacht des Eigentümers ist durch Artikel 14 des Grundgesetzes als ein Grundrecht verbürgt. Artikel 14 des Grundgesetzes statuiert andererseits gleichfalls die Einschränkung des Eigentumsrechts durch das Sozialstaatsprinzip. Danach soll der Gebrauch des Eigentums zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen. Nach herrschender Auffassung ist eine entsprechende Einschränkung des Eigentumsrechts „zum Wohle der Allgemeinheit“ aber nur dann verfassungsrechtlich zulässig, wenn dies zur Erreichung der Zwecke des Sozialstaatsprinzips notwendig ist. Nach traditioneller Auffassung des Sozialstaatsprinzips dient dieses übrigens allein der Sicherung der elementaren Grundbedürfnisse der sich in der Bundesrepublik legal aufhaltenden Menschen.
Ob auch der Besitz eines Erholungsgrundstücks zu diesen elementaren Grundbedürfnissen zu zählen ist, kann mit guten Gründen bezweifelt werden. Letztlich spielt bei der Beurteilung dieser Wertungsfrage die Herkunft des Beurteilers eine Rolle. In der ehemaligen DDR tendierte die Entwicklung dahin, jedem Bürger den Besitz eines Erholungsgrundstücks zur Befriedigung seiner materiellen und kulturellen Bedürfnisse (so die Begrifflichkeit in § 1 des Zivilgesetzbuchs) zur Verfügung zu stellen, soweit dies mit den Leistungen des Betreffenden für die Gesellschaft vereinbar war. Dementsprechend waren die von den Nutzern zu zahlenden Nutzungsentgelte für Erholungsgrundstücke während der Existenz der DDR extrem niedrig. Einen entsprechenden Status hatten in der ehemaligen westdeutschen Bundesrepublik die Pächter von Gartengrundstücken in Kleingartenanlagen. Die Pachtzinsen für solche, in einer Kleingartenanlage belegenen Parzellen sind auch heute noch in ganz Deutschland auf ein ganz extrem niedriges Niveau eingefroren. Das Problem in den neuen Bundesländern besteht jedoch darin, daß zu DDR-Zeiten auch solche Grundstücke begünstigt waren, die mit Wochenendhäusern bebaut waren, obwohl diese heute nicht von dem Schutzbereich des Bundeskleingartengesetzes erfaßt sind. Unter Umständen kann der Eigentümer heute deshalb die Pacht auch in einer „Kleingartenanlage“ nach den unten sogleich darzustellenden Regeln erhöhen, wenn sich herausstellt, daß es sich in Wahrheit nicht mehr überwiegend um kleingärtnerische, sondern um eine Wochenendhaus-Nutzung handelt.
Die Interessenvertreter der Nutzer haben sich immer für die Beibehaltung dieses Zustands auch nach der Wiedervereinigung eingesetzt, so daß Verträge über Erholungsgrundstücke aus DDR-Zeiten auch heute noch einem strengen Kündigungsschutz unterliegen und der Grundstückseigentümer für diese Zeit von der freien Verfügung über sein Eigentum faktisch ausgeschlossen ist. Zum Ausgleich hierfür hat der Gesetzgeber in der Nutzungsentgeltverordnung vom 22.7.1993, die in der Fassung vom 24.7.1997 zu Gunsten der Nutzer weiter auf Veranlassung des Landes Brandenburg abgeändert worden ist, dem Grundstückseigentümer das Recht eingeräumt, das Nutzungsentgelt auf die Höhe des „Ortsüblichen“ anzuheben.
Die Voraussetzungen für die Anhebung des Nutzungsentgelts, wie sie in der Nutzungsentgeltverordnung geregelt sind, werden von dem Landgericht Potsdam übereinstimmend mit der Rechtsprechung anderer Landgerichte in den neuen Ländern zu Gunsten der Nutzer restriktiv ausgelegt.
Das Landgericht Potsdam wendet im Ergebnis die Regelungen über die Vorraussetzungen einer Mietzinserhöhung im Rahmen des Wohnungsmietrechts (§§ 558 und 558a BGB) auf die Pachtzinserhöhung nach der Nutzungsentgeltverordnung entsprechend an.
§ 6 Absatz 1 Satz 2 Nutzungsentgeltverordnung verlangt lediglich, daß die Erhöhung schriftlich zu erläutern ist. Die Rechtsprechung sieht in dem Erfordernis der schriftlichen Erläuterung der Erhöhungserklärung eine Wirksamkeitsvoraussetzung des Erhöhensverlangens des Verpächters, dessen Nichtbeachtung zur Folge hat, daß die Erhöhungserklärung insgesamt nichtig ist. Durch die entsprechende Anwendung der Regeln des § 558 BGB, insbesondere § 558 a BGB, über die Anhebung der Wohnungsmiete bis zu ortsüblichen Vergleichsmiete durch die Rechtsprechung wird es dem Verpächter eines Erholungsgrundstücks außerordentlich schwer gemacht, eine wirksame Erhöhungserklärung hinzubekommen.
Im Grundsatz muß der mit der Erhöhungserklärung von dem Verpächter verlangte neue Pachtzins durch die Angabe von Beweismitteln (entweder Sachverständigengutachten oder Angabe von Vergleichsgrundstücken oder eigenständige Ableitung des geforderten Pachtzinses aus dem Bodenwert) so in sich widerspruchsfrei begründet werden, daß dem Nutzer eine Überprüfung der Erhöhungserklärung auf ihre inhaltliche Richtigkeit selbständig möglich ist.
In der Praxis ist ohne Zuhilfenahme sachverständiger Hilfe einem Verpächter die Erhöhungserklärung unter den genannten Voraussetzungen nur möglich, wenn er die Pachterhöhung durch Bezugnahme auf Vergleichsgrundstücke begründet. Die Ermittlung des angemessenen ortsüblichen Pachtzinses durch ein Sachverständigengutachten ist angesichts der derzeit wohl nur realisierbaren Pachtzinsen in Höhe von ca.
€ 0,60 pro Quadratmeter und Jahr dem Grundstückseigentümer wegen der Kosten für den Gutachter nicht zumutbar. Im Ergebnis würden in diesem Falle die eingenommenen Pachtzinsen vollständig von den Kosten für den Gutachter wieder aufgezehrt. Dies ist mit der Eigentumsgarantie des Grundgesetzes wohl kaum vereinbar.
Um dem Eigentümer die Pachtzinserhöhung durch Bezugnahme auf Vergleichsgrundstücke zu ermöglichen sieht § 7 der Nutzungsentgeltverordnung vor, daß der örtlich zuständige Gutachterausschuß des Landrates verpflichtet ist, dem Verpächter „in anonymisierter Form“ Auskunft über die in seinem Geschäftsbereich vereinbarten Nutzungsentgelte unter Angabe der Vergleichgrundstücke zu erteilen. Damit der Gutachterausschuß sich seinerseits überhaupt Kenntnis über entsprechend seit der Wiedervereinigung neu vereinbarte Nutzungsentgelte verschaffen kann, sieht § 7 Nutzungsentgeltverordnung vor, daß die Gemeinden „auf Verlangen“ dem Gutachterausschuß über die vereinbarten Nutzungsentgelte Auskunft in „anonymisierter Form“ erteilt.
Nach den eigenen Erfahrungen des Verfassers und entsprechenden Erhebungen bei dem Gutachterausschuß des Landkreises Potsdam-Mittelmark sind die Gutachterausschüsse in Brandenburg bisher lediglich in der Lage, Informationen über vereinzelte Vertragsabschlüsse zwischen Gemeinden und Nutzern zu geben. Die Gemeinden orientieren sich jedoch gewöhnlich bei Neuvertragsabschlüssen an den Entgelten, die für aus DDR-Zeit überkommene und damit bestandsgeschützte Verträge gezahlt werden. Nach dem Sinn der Nutzungsentgeltverordnung kommt es aber für die Ermittlung des ortsüblichen Pachtzinses ausschließlich auf neu und frei ausgehandelte Pachtzinshöhen an, die sich ohne die zu Gunsten der DDR-Verträge erlassenen Schutzgesetze frei am Markt entwickeln. Im übrigen besteht bei den Gutachterausschüssen der Verdacht, daß die Gemeinden Verträge nicht melden, in denen Entgelte vereinbart worden sind, die über dem „politisch derzeit vertretbaren Niveau“ von € 0,60 liegen. Da Privatleute den Gutachterausschüssen gegenüber nicht mitteilungspflichtig sind, werden sonstige neu ausgehandelte Pachtzinshöhen den Gutachterausschüssen auch nicht bekannt.
Der weitaus überwiegende Teil der tatsächlich auf dem Gebiet des Landes Brandenburg bestehenden oder neu abgeschlossenen Verträge über Erholungsgrundstücke betrifft Eigentum der öffentlichen Hand, in den meisten Fällen der Gemeinden. Die Gemeinden handeln beim Abschluß von neuen Verträgen die Nutzungsentgelte nicht wie private Grundstückseigentümer neu aus sondern halten sich an die Höhe des Nutzungsentgelts bei Verträgen, die bereits vor der Wiedervereinigung abgeschlossen sind. Die Festlegung der Pacht erfolgt hier also nicht nach dem Marktprinzip von Angebot und Nachfrage sondern berücksichtigt soziale Belange allgemeiner Art. Diese Verträge sind damit im Sinne des § 6 Wertermittlungsverordnung durch „ungewöhnliche und persönliche Verhältnisse“ beeinflußt. Sie können also die Ortsüblichkeit im Sinne der Vorschriften der Nutzungsentgeltverordnung nicht repräsentieren. Für die Stadt Potsdam liegt derzeit der für die Gemeinde verlangte Durchschnittswert pro Quadratmeter und Jahr bei DM 1,95 = € 1,00.
Im Ergebnis bedeutet dies für den Verpächter praktisch, daß er das ortsübliche Entgelt im Sinne des § 3 Absatz 2 Nutzungsentgeltverordnung nur durch Ableitung aus dem Bodenwert im Sinne von § 3 Absatz 3 Nutzungsentgeltverordnung zutreffend ermitteln und anschließend schriftlich in dem Erhöhungsverlangen erläutern kann.
Um die Voraussetzungen der Rechtsprechung an die Erläuterung der Erhöhungserklärung zu erfüllen, müssen im Rahmen der Begründung des ortsüblichen Pachtzinses auch durch den Gutachter in jedem Falle die folgenden Punkte beachtet werden:
Der Verpächter muß sich bei der Begründung für die von ihm geforderte Pacht auf vergleichbare Grundstücke beziehen, die für den Nutzer nachprüfbar sind. Dies bedeutet, daß der Verpächter in der Erhöhungserklärung zunächst die für die Pachthöhe wesentlichen Merkmale des Pachtgrundstücks beschreiben muß und zwar unter Angabe der wesentlichen Vergleichsmerkmale. Vergleichsmerkmale sind Lage, Art, Größe, Bebauung und Beschaffenheit des Pachtgrundstücks. Es sind also die Flurstücksbezeichnung, die Größe, die aufstehenden Baulichkeiten und die Lage des Pachtgrundstücks anhand des Umgebungs- und Erholungscharakters möglichst genau zu beschreiben. Sodann sind die in der Begründung herangezogenen Vergleichsgrundstücke ebenfalls so genau wie möglich nach ihrer Gemarkung und ihrer Lage in der Flur zu bezeichnen und anzugeben, daß sie auch hinsichtlich ihrer Beschaffenheit und der sonstigen wertbildenden Faktoren mit dem Pachtgrundstück vergleichbar sind.
Ausweislich der Grundstücksmarktberichte des Gutachterausschusses für Grundstückswerte im Landkreis Potsdam-Mittelmark für die Jahre 2000 und 2002 hat der Gutachterausschuß bislang 81 Gutachten über das ortsübliche Nutzungsentgelt für bebaute Erholungsgrundstücke nach § 7 Nutzungsentgeltverordnung erstellt. Die Grundstückspreise für mit einem Bungalow bebaute Erholungsgrundstücke lagen im Jahr 2000 im Landkreis im Durchschnitt bei ca. 35 % des jeweiligen örtlichen Bodenrichtwertes für Wohnbauland. Die Bodenpreise für bebaute Erholungsgrundstücke lagen im Jahr 2002 in einer Spanne von 20 % bis 80 % des jeweiligen Bodenrichtwertes für Wohnbauland. Soweit es sich jedoch um besonders günstig, zum Beispiel am Wasser, gelegene Wochenendgrundstücke handelte, werden nach den genannten Grundstücksmarktberichten auch häufiger Preise gezahlt, die über dem örtlichen Bodenrichtwert für erschlossenes Wohnbauland lagen.
Um eine wirtschaftlich realistische Ableitung der ortsüblichen Pachtzinsen aus dem Bodenwert zu ermitteln, ist von einem jährlichen Liegenschaftszins von 4 % des Bodenwertes auszugehen. Der Liegenschaftszins von 4 % wird von allen maßgeblichen Autoren des Wertermittlungsrechts zugrundegelegt. Dabei gehen diese davon aus, daß dieser Liegenschaftszins, der in den letzten Jahren in Deutschland festgestellten Grundverzinsung jeden Grund und Bodens entspricht. Diese ist praktisch abhängig von den von den Banken verlangten durchschnittlichen Basiszinsen.
Ein Sonderproblem ist die Frage, ob auch Vergleichsgrundstücke zur Begründung herangezogen werden dürfen, die eine völlig andere Größe als das Pachtgrundstück haben. Im Wohnungsmietrecht ist die überwiegende Anzahl der Gerichte der Auffassung, daß Flächenabweichungen der Vergleichswohnungen von der Wohnung des Mieters nach oben oder unten unschädlich sind, solange der Mieter aus der Größenangabe in Verbindung mit dem Gesamtpreis den Quadratmeterpreis errechnen kann (OLG Schleswig und Bayerisches ObLG, WM 1987, 140). In seinem Urteil vom 8.4.2003
(6 O 265/02) hat das Landgericht Potsdam aber nun die Auffassung vertreten, daß der Verpächter zur Begründung seines Erhöhungsverlangens sich nur auf Pachtgrundstücke beziehen kann, die in etwa der Größe des Pachtgrundstücks entsprechen, anderenfalls sei die Erhöhungserklärung unwirksam.
Ein weiteres Problem besteht in der Frage, ob für ein wirksames Erhöhungsverlangen erforderlich ist, daß die angegebenen Vergleichsgrundstücke so genau bezeichnet werden müssen, daß der Pächter die Angaben selbst nachprüfen kann. Im Wohnungsmietrecht wird dies von der Rechtsprechung gefordert. Dagegen scheint das Landgericht Potsdam sich insoweit damit zu begnügen, daß sich der Verpächter auf die anonymisierten Informationen des Gutachterausschusses bezieht, obwohl dies für eine Identifizierung der Vergleichsgrundstücke nicht ausreichend ist.
Im Ergebnis führt die Rechtsprechung des Landgerichts Potsdam über die Voraussetzungen einer wirksamen Erläuterung des Erhöhungsverlangens nach § 6 Nutzungsentgeltverordnung dazu, daß in diesem Bereich eine erhebliche Rechtsunsicherheit besteht, die für beide Seiten unzumutbar ist.
Dr. Robbert
Rechtsanwalt